Verleihung des Deutschen Jugendorchesterpreises, 27. März 2022

Die Abschlussveranstaltung und Verleihung des Deutschen Jugendorchesterpreises in der TauberPhilharmonie war vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs eine emotionale und auch Hoffnung gebende Veranstaltung. Auf sympathische Weise wurde deutlich, dass sich die Werte, für die die Jeunesses Musicales, nicht an der Anzahl der Musizierenden oder der Virtuosität eines sinfonischen Programms bemisst, und auch in kleiner Besetzung spürbar klingt. Zugleich ließ die Preisverleihung aufscheinen, dass die Aktivitäten der JMD, die mit der Musikakademie in Weikersheim ihr Wirkungszentrum hat, mit ihren deutschlandweit beheimateten Mitgliedern weiter reichen als es in Weikersheim sichtbar wird.

Der Einladung der JMD waren jugendliche Orchestervertreter aus dem gesamten Bundesgebiet ebenso wie Repräsentanten des deutschen Musiklebens gefolgt, u.a. die Präsidenten des Verbands deutscher Musikschulen, des Bundesverbands Musikunterricht und der Deutschen Orchestervereinigung. Im Mittelpunkt standen freilich die jugendlichen Musiker*innen. Die Jugendlichen hatten sich erst drei Tage zuvor kennen gelernt, kamen sie doch als Botschafter ihrer heimatlichen Orchester aus ganz Deutschland zum „Finale“ zusammen. In der kurzen Zeit hatten sie mit Dirigent Martin Lentz ein musikalisches Programm erarbeitet, das sie selbst und die Zuhörer im Saal emotional berührte: Den Auftakt machte eine vom Ensemble mit Martin Lentz selbst entwickeltes Konzeptkomposition „Bereavement“ die die bedrückende Gefühlslage angesichts der weltpolitischen Situation auf beklemmende Weise zum Ausdruck brachte.  Durchaus traurig auch das ukrainische Volkslied „Zeit zur Heimkehr“ und die Titelmusik zum Film „La Califfa“ von Ennio Morricone. Doch stand dem zum Abschluss auch die beschwingte Shumka Nr. 1 von Vasily Prisovsky gegenüber. Denn trotz allem sollten an diesem Morgen die Jugendlichen und ihre Orchester für ihr Engagement gefeiert werden.

Jugendorchester aus dem Bundesgebiet hatten sich um den Deutschen Jugendorchesterpreis der JMD beworben. Von diesen waren insgesamt 13 Ensembles aus Neustrelitz, Filderstadt, Sasbach, Erfurt, Stuttgart, Bremen, Mannheim, Hamburg, dem Hochsauerlandkreis, Nürtingen, Bruchsal und Schwerin nominiert worden.

v.l.n.r. JMD Generalsekretär Ulrich Wüster, JOP-AG Vorsitzende Claudia Klemkow-Lubda, Präsident Johannes Freyer, Mannheimer Projektteam, Laudatorin Maren Schäfer

In der TauberPhilharmonie mit dem 1. Preis und 3.000 € ausgezeichnet wurde das Jugendsinfonieorchester Mannheim. Zwei 2. Preise in Höhe von je 2.000 € gingen an das Jugendsinfonieorchester Schwerin und das Jugendsinfonieorchester Stuttgart.  

Die JMD vergibt ihre Auszeichnung neben der musikalischen Qualität und kreativen Umsetzung eines Programms auch dafür, dass Jugendliche aktiv an der Umsetzung des Konzertprojekts beteiligt sind. So hatten sich die Orchestermitglieder des Jugendsinfonieorchesters Mannheim in einer beispielhaften Teamwork-Leistung mit unterschiedlichen „Facetten der Macht“ auseinandergesetzt und ein dramaturgisch wie musikalisch überzeugendes Multimedia- Konzert auf die Beine gestellt. Die Jugendlichen des JSO Stuttgart warfen die Frage auf, ob die digitalen Kontaktmöglichkeiten in Corona-Lockdown-Zeiten soziale Nähe ermöglichen oder  doch nur simulieren. Ein erfundener Whatsapp-Gruppenchat bildete die Rahmenhandlung für ihr Konzert, in dem sie unter anderem ein symphonisches „TikTok Medley“ spielten. Das Jugendsinfonieorchester Schwerin hatte ein mit Videobeiträgen begleitetes Programm mit Werken ausschließlich Schweriner Komponisten gespielt, der älteste 1550 geboren und die jüngste ein 17jähriges Mitglied des Orchesters. Die Kurzpräsentationen aller nominierten Konzertprojekte durch die Jugendlichen zeichneten ein Bild unterschiedlichster Ideen und kreativer Umsetzungen.

Das JSO Schwerin probte in einer Turnhalle, die Bremer Jugendorchester gar in einer Flughafenhalle!

In seiner Würdigung wandte sich JMD-Präsident Johannes Freyer direkt an die Jugendlichen: „Sich einsetzen für‘s Orchester – gerade in der schwierigen Zeiten der letzten beiden Jahre habt ihr in beeindruckender Weise gezeigt, welch unverzichtbarer Mehr-Wert es ist, als Ensemble gemeinsam mit anderen Musik zu machen.“ Tatsächlich hatten die Corona-Situation Orchesterleiter*innen und -Mitgliedern enormes Durchhaltevermögen, Flexibilität abverlangt, und trotz des enormen organisatorischen Mehraufwands konnten vier der geplanten Projekte letztlich doch nicht verwirklicht werden.

Beim den Wettbewerb abschließenden JOP-Camp und der Preisverleihung führte die aktuelle Krankheitswelle erneut zu zahlreichen Absagen und dazu, dass nur die erwähnte „kleine Besetzung“ zusammen gekommen war. Dies schmälerte nicht den Wert des Projekts. In den Statements und ihrem gemeinsamen Auftritt war spürbar, wie wichtig es für die Jugendlichen war, dass die JMD an der Durchführung des Deutschen Jugendorchesterpreises festgehalten und die Teams darüber hinaus außerdem während ihrer Vorbereitungen mit umfassenden Materialien, Coachings per Video oder, wo möglich, auch vor Ort unterstützt hatte. Der eingeräumte Spielraum und die um ein halbes Jahr verlängerte Wertungsphase setzte bei den Jugendlichen Kreativität frei und den Mut, neue Proben- und Konzertformen zu finden. Im Falle des Gewinnerorchesters sogar ein völlig neues Format: Die JSO Mannheim spielte sein Konzert live, das zahlreiche Publikum aber war ausschließlich per Live-Stream zugeschaltet.

Für diese Wirkung eines starken Empowerments junger Menschen wird der Wettbewerb der JMD seit vielen Jahren durch das Bundesjugendministerium, die Deutsche Bank Stiftung und die Deutsche Orchestervereinigung gefördert und durch die Partnerverbände im Bereich der musikalischen Jugendbildung kommunikativ begleitet. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg betonte Freyer, umso bewusster bleibe es das Ziel seiner Organisation, durch Projekte mit und für junge Musiker*innen aktiv zu einer Haltung beizutragen, mit der Menschen friedlich zusammen leben und freundschaftlich verbunden sind – in Deutschland, in der Ukraine, in Russland und überall auf dieser Welt. Auch das Publikum der Preisverleihung brachte seine Anerkennung für das Projekt und das Engagement der Jugendlichen mit herzlichen und langanhaltenden Applaus zum Ausdruck.